To selfpublish or to not publish #autorin #gαstbeitrag #llbarth
Gastbeitrag von L.L. Barth
Das Buch ist fertig! Oh mein Gott das Buch ist fertig – ahhh. Ich weiß nicht wie es anderen AutorInnen ergeht, aber bei mir ist es so, dass sich auf der einen Seite ein immenses Hochgefühl ausbreitet, wenn ich den letzten Satz geschrieben habe. Das Buch hat sich selbst vollendet, die Geschichte ist abgeschlossen und ich bin bereit, es in die Welt hinauszutragen.
Jetzt kommt die andere Seite ins Spiel, ich muss das Buch reviewen, redigieren, auf Logik überprüfen und viele viele Male lesen. Das ist der Teil, den ich nicht so gern mag, denn da geht’s ins Eingemachte. Sind alle Handlungsstränge aufgelöst, sind die Charaktere schlüssig und einheitlich, habe ich die Augenfarbe eines Charakters im Text unabsichtlich verändert, haben sich die ProtagonistInnen entwickelt, sind sie nachvollziehbar und sympathisch dargestellt, ist die Geschichte plausibel? Fragen über Fragen und da gehen viele Stunden, Wochen und oft sogar Monate drauf. Es ist volle Konzentration notwendig, man muss da einfach dranbleiben. Manchmal geht es sich zeitmäßig nicht aus und ich bleibe beim Redigieren in einem Kapitel hängen und muss nach Tagen wieder von vorne anfangen, da ich sonst den Handlungsstrang aus den Augen verliere.
Wie organisiere ich meine Notizen? Was mir persönlich hilft, ist das Notizbuchprogramm OneNote, hier notiere ich die ersten Aufzeichnungen, einen Aufriss der Geschichte und der Charaktere, sowie die Grundrechereche zu historischen Daten, Eigenheiten der ProtagonistInnen, Orten und anderen wichtigen Details. Das ist der Ort, an den ich während des Schreibens immer wieder zurückkehre, meine Notizen ergänze oder neue hinzufüge. Dann beim Redigieren und Review hilft mir das ebenfalls, denn ich mache Vermerke für den Review, alles was mir ein- und auffällt wird hier notiert – und das bei jeder einzelnen Reviewrunde.
Dieses Jahr habe ich mir dann ein Schreibprogramm gegönnt, den Papyrus Autor. Ich habe mich in Foren und einschlägigen Gruppen auf Social Media umgesehen, und dieses Programm wurde immer wieder genannt und hat hohe Empfehlungsraten. Einer der vielen Vorteile ist, dass ich alles innerhalb einer Applikation parat habe und nicht mehr zwischen Word und OneNote herumswitchen muss. Es ist ein umfangreiches Programm, bei dem es sicher im Laufe der nächsten Schreibprojekte noch jede Menge zu entdecken gibt. Übrigens habe ich diesen Blog in Papyrus Autor verfasst.
Aber weiter im Text – irgendwann bin ich dann bereit, das Buch loszulassen und es der privaten Öffentlichkeit zum Probelesen zu geben. Da gibt’s noch jede Menge Feedback, das eingearbeitet werden will. Nach der Probelese-Runde investiere ich wieder Zeit, um das Manuskript erneut zu lesen, reviewen und zu redigieren, sodass die eingearbeiteten Änderungen stilistisch und inhaltlich in den Gesamtrahmen passen. Demzufolge sind schon wieder ein paar weitere Wochen ins Land gezogen. Aber endlich endlich – aus dem Manuskript ist ein herzeigbares Buch geworden! Erleichterung, Freude und ach ja ... was mach ich nun mit meinem vollendeten Werk?
Es gibt den mühsamen Weg, der Versuche oder vielmehr die zahllosen Versuche, das Buch bei renommierten Verlagen unterzubringen. Diesen Weg bin ich bei meinem letzten Buch ‚Die Zaubergeigerin‘ gegangen. Tatsächlich stand hier der Wunsch, bei einem Publikumsverlag unterzukommen, im Vordergrund. Außerdem wollte ich wissen, ob es wirklich so schwierig ist, wie man immer wieder hört und liest. Achtung Spoiler Alarm – es ist ein dorniger Weg, der nicht mit Erfolg gekrönt ist!
Zunächst habe ich intensive Internetrecherche betrieben, um geeignete Verlage zu evaluieren, die zum Thema historischer Roman und Belletristik passen. Ich habe mich auf den Internetseiten einschlägiger deutschsprachiger Verlage umgesehen, die gebotenen Informationen verschlungen, habe Excel Listen mit den jeweiligen Anforderungen erstellt, um den Qualitätsanforderungen Genüge zu leisten und keinen Fehler zu begehen.
Parallel zu der aufwändigen Recherche habe ich mich in das Thema eingelesen und die angebotenen Tipps und Tricks von renommierten Quellen regelrecht absorbiert. Diesen Ratschlägen folgend habe ich mich an die Erstellung eines sogenannten Exposés gemacht. Nicht dass ein Format genügen würde, jeder Verlag besteht auf seiner eigenen Fassung eines Exposés. Daher habe ich ein Master Exposé verfasst, von dem aus ich die gewünschten Adaptionen und Änderungen eingefügt habe. Zudem wurde das jeweilige Exzerpt mit den Extradetails versehen, die vom Verlag erwünscht waren, um dann voller guter Hoffnung das Werk auf die Reise zu schicken. Der Weg, ein Manuskript zum Verlag zu bringen, ist äußerst unterschiedlich. Manche bieten direkt auf der Verlagsseite Plattformen an, über die das Manuskript hochgeladen werden kann, manche möchten Exposé und Leseprobe per E-Mail erhalten, wieder andere wünschen den guten alten Postweg. Hier sind die Ansätze äußerst verschiedenartig. Aber schließlich will ja ich was von den Verlagen und nicht umgekehrt – ist doch so, oder :-)?
Dann beginnt das große Warten, denn die Verlage geben in ihren Instruktionen bereits an, dass es bis zu einem halben Jahr dauern kann, bis man mit einer Antwort rechnen darf, keine Garantie, dass man auch tatsächlich eine erhält. Und so habe ich an einem einzigen Wochenende in einem Schwung meine ‚Zaubergeigerin‘ auf die Reise geschickt, damit ich weiß, bis wann ich warten muss und eventuell mit einer Antwort rechnen darf. Überraschenderweise gab es von manchen Verlagen sofortige Antwort, es waren zwar Absagen, aber zumindest wurde geantwortet. Ein Verlag hat sich sogar die Mühe gemacht, mir einen Brief zu senden mit echter (also nicht eingescannter) Unterschrift. Das hat mich dann doch etwas gerührt, dass sich jemand die Zeit genommen hat, das Schreiben zu verfassen – auch wenn es ein Schablonenschreiben ist – in ein Kuvert zu stecken, zuzukleben, mit einer Briefmarke zu versehen und zur Post zu bringen. Das packende Abwarten ging weiter, kommt doch noch eine Antwort oder gar eine Anfrage? Nach exakt einem halben Jahr, nachdem ich den Pulk an Exposés, Leseproben und freundlicher Post – elektronisch oder physisch - verschickt hatte, war dann klar, dass da nichts mehr kommen wird. Also was tun? Nur nicht in Panik verfallen, denn diese allumfassende Ablehnung hat nichts mit mir oder gar mit meinem Werk zu tun.
Nachdem all meine Bemühungen in einer Sackgasse endeten, habe ich mich auf Selfpublishing Plattformen umgesehen, davon gibt es ja eine ganze Menge. Man muss da allerdings höllisch aufpassen, sind das seriöse Anbieter oder Abzocker. Also habe ich mich hier eingelesen und - nona - eine Excel-Liste mit Vor- und Nachteilen der jeweiligen Plattform erstellt. Eine fand ich ansprechend und habe versucht, mein Manuskript hochzuladen, es hat so einfach geklungen. Aber was einfach klingt muss nicht unbedingt einfach sein – war es auch nicht, nach ein paar Versuchen habe ich aufgegeben. Ich bin wieder zu meiner bisherigen Selfpublishing Plattform bei myMorawa zurückgekehrt, bei der ich bereits meine ersten drei Bücher herausgebracht hatte. Die kenne ich wenigstens, so dachte ich jedenfalls zu Beginn und bin frohen Mutes in die Applikation eingestiegen. Mitnichten, die Infrastruktur hat sich komplett verändert und ist so kompliziert geworden, dass es selbst für einen IT-affinen Menschen wie mich nicht nachvollziehbar war, wie das funktioniert. Zunächst war die Format und Papierwahl – keine Ahnung, was ich da nehmen soll? Ich habe meine ‚alten‘ Bücher vermessen und mich dann für eine Variante entschieden. Dann ging’s aber los: Ich habe den als Hilfestellung gemeinten Downloadbereich auf- und abgelesen, die Instruktionen ausgedruckt und Schritt für Schritt abgearbeitet.
Endlich hatte ich – meiner Meinung nach – alles fertig und habe mit Herzklopfen auf ‚Senden‘ drücken. Es ist immer aufregend, wenn es tatsächlich so weit ist. Doch es war noch lange nicht so weit, denn dann ging ein Hin- und Her mit dem Verlag los. Ich bekam E-Mails mit Anweisungen, dass hier noch ein Detail fehlt, dort noch eine Änderung vonnöten sei und stets mit dem wohlmeinenden Hinweis versehen: ‚Lesen Sie den Downloadbereich‘. Grmpf, den kann ich mittlerweile schon auswendig runterbeten. Grummelnd und grantig habe ich mich gefügt, denn ‚Die Zaubergeigerin‘ will in die Welt hinaus. Mittlerweile sind eineinhalb (1,5!) Jahre vergangen, seit ich das letzte Wort meines Buchs geschrieben hatte.
Im Prozess des Selfpublishing muss logischerweise auch ein Cover erstellt werden. Ich bat eine befreundete Agentur, mir mit dem Cover zu helfen, was diese äußerst professionell und ansprechend umgesetzt hatten. Es wurde ein ausnehmend schönes Cover kreiert, denn auch bei Büchern gilt: Der erste Eindruck zählt. Die Covergestaltung führte allerdings wiederum zu einem Hin- und Herschreiben mit dem Verlag. Und dem allgegenwärtigen Hinweis ‚Lesen Sie den Downloadbereich‘. Also wenn der etwas mehr selbsterklärend wäre, müsste man weniger Korrekturschleifen ziehen. Aber gut, letztlich war es vollbracht! Das Cover und den Innenteil hochgeladen, Keywords definiert, Zusammenfassung erstellt – und ein letztes Mal auf ‚Übermitteln‘ drücken.
Einige Wochen später war der Probedruck da – juhu! Was für ein Gefühl, das eigene Werk endlich in Händen zu halten! Ich habe einen Grobcheck durchgeführt und war bereit, das Buch zu veröffentlichen. Hahaha, ich hatte NICHTS geändert, nicht ein Komma wich ab – und trotzdem kam wieder eine Rückmeldung vom Verlag, das es Änderungen bedarf. Schön langsam habe ich die Nerven weggeworfen – WTF!!!! Bitte entschuldigt meine Ausdrucksweise. Der Verlag hat dann nach Projektabschluss eine Online-Rezension angefragt, ihr könnt euch vorstellen, dass diese nicht besonders positiv ausgefallen ist.
Den ersten Satz hatte ich im Dezember 2018 geschrieben, das letzte Wort im Mai 2020 – letztlich habe ich am 11. Jänner 2022 ‚Die Zaubergeigerin‘ veröffentlicht!
So das Buch ist raus, bei myMorawa hat man die Wahl einen Pauschalbetrag zu zahlen oder Eigenexemplare in bestimmter Anzahl zu bestellen. Ich hatte mich für Letzteres entschieden – und wiederum einige Wochen später kamen 40 Eigenexemplare bei mir an. Was mache ich mit all diesen Büchern, Familie und Freunde bekommen Exemplare und dann? Als Selfpublisher muss man auch noch für die Vermarktung sorgen, denn hier kommt vom Verlag keine Unterstützung. Nicht einmal wurde mein Buch als Neuerscheinung in dem hauseigenen Newsletter erwähnt, nicht einmal wurde es in den sozialen Netzwerken angepriesen. Nicht einmal wurden meine Beiträge auf ebenjenen sozialen Netzwerkern vom Verlag zumindest geliked, selbst dann nicht wenn ich den Verlag gehashtagged hatte. Das ist enttäuschend und beschämend. Denn selbst wenn es nicht das beste Buch der Welt ist, so hat es doch Unterstützung vom Verlag verdient, das ist meine Meinung. Schließlich habe ich eine ganze Menge Kohle dafür bezahlt, dass mein Werk veröffentlicht wird, und hier spreche ich gar nicht davon, dass der Verlag auch daran verdient, wenn meine Bücher verkauft werden. Ich hätte mir mehr Respekt und Achtung vom Verlag erwartet, seine AutorInnen zu unterstützen.
Aber davon lasse ich mich nicht abhalten! Los geht’s im mit dem ‚mein Buch unter die Leute bringen‘. Ich habe einen Marketingplan erstellt – eh schon Wissen im Excel – ich habe achtzig (80!) Pressestellen angeschrieben, fünf Presseverteiler mit meinen Informationen gefüttert, rund fünfzig (50!) Buchhandlungen in meinem Umfeld angeschrieben. Outcome – na ja, eine ernstgemeinte Anfrage für ein Rezensionsexemplar von einem Lokalmedium und ein weniger ernstgemeintes Angebot eines deutschen Medienhauses, die aber nur Werbefläche verkaufen wollten. Sonstiger Outcome – NULL (0!). Selbstverständlich werden meine Social Media Kanäle wird mit den News befüllt, sowohl organisch als auch mittels bezahlter Werbung. Und dann habe ich meine Familie und Freunde eingespannt, für mein Buch Werbung zu machen. Was dabei rauskommen wird? Das weiß ich noch nicht, aber ich möchte mir selbst nie vorwerfen müssen, dass ich nicht genug für mein Werk getan habe, denn ich bin überzeugt davon, dass ‚Die Zaubergeigerin‘ ihren Weg gehen wird – möge es auch noch so lange dauern.
Zusammenfassend – was sind die Vor- und Nachteile beim Self-Publishing:
Vorteile:
Kontrolle über Inhalt und Covergestaltung
Eigene Themenwahl und das Thema für sich selbst besetzen.
Verantwortung für die Vermarktung und die Marketingkanäle
Honorar bis zu einem gewissen Mass beeinflussbar
Nachteile:
Enormer Aufwand im Prozess des Self-Publishing
Alleinverantwortung für die Vermarktung (ja die Vermarktung hat es auf beide Listen geschafft)
Kosten nicht unterschätzen; Lektorat, Covergestaltung, Self-Publishingkosten, Buchdruck und Vermarktung.
Würde ich wegen all dieser Schikanen und Strapazen aufhören, Bücher zu schreiben oder gar aufhören an diese zu glauben? NIEMALS! Ich liebe es, Geschichten zu erzählen, und ich werde das weiterhin tun. Die Welt wird mein Werk wertschätzen, wenn sie so weit ist, davon bin ich felsenfest überzeugt! Um zum Titel dieses Blogartikels zurückzukommen, wenn man die Wahl hat nicht zu veröffentlichen oder den mühsamen Weg des Selfpublishing zu gehen, fällt die Entscheidung eindeutig aus - better to selfpublish than to not publish!